Nullpunkt – vom Beginn der eridanischen Zivilisation
Prolog
Dies ist die Geschichte vom Anfang. Der Nullpunkt.
Der Anfang der Zeitrechnung, der Anfang unserer Erinnerung.
Die Geschichte, die davor beginnt und weit danach endet.
Nicht alles ist niedergeschrieben, noch weniger belegt, aber es ist alles, was wir wissen, alles, was wir träumen, was wir hoffen und glauben.
Wir kamen aus der Dunkelheit. Eng gedrängt im Bauch dessen, was wir für unsere Welt hielten. Eden Zwei war ihr erster Name. Wir wissen nicht, wer sie einst geschaffen und benannt hat. Überliefert ist auch nicht, wo unsere Welt geschaffen wurde. Denn sie war in Bewegung. Eden zwei umreiste keine bekannte Masse, keinen Stern, sie hatte nur eine Richtung.
Wir waren Reisende. Es ist nicht bekannt, ob es je ein Ziel gab.
Diese Zeit nennen wir “Dunkle Reise”.
Es gibt in alten Liedern und Erzählungen Hinweise auf lange Zeiten des Schlafs und kurze Perioden des Wachseins. Nur wenig frühe Namen der Reisenden sind überliefert: Kommandeurin Kim Schar, Erster Kommandeur Amit Kowal, Kanzlerin Semenzato, General Baron Reznik oder Tzvika Stein.
Klangvolle Namen, aber weniger klangvoll ihre Taten, über die nur Bruchstücke vorhanden sind. Die klügsten Köpfe unseres Volkes haben sich lange mit diesen Informationsfragmenten befasst und leiteten daraus die stets mäandernden Strukturen der Gesellschaft ab. Die straffe und hierarchische Organisation der frühen Kommandeure wurde durch eine gewaltsame Revolution abgelöst. Eine Militärdiktatur putschte sich gegen die junge Republik an die Macht. Verschiedene Regierungsformen binnen Jahrhunderten, zum Teil auch binnen Jahren.
Religion schien eine beachtlich lange Zeitspanne eine Konstante zu sein. Tempel entstanden und Menschen schöpften Hoffnung. Aber sie wurden verraten.
Ausufernde Perversionen erschütterten die moralischen Grundsätze und selbst eine autokratische Theokratie konnte den Verfall nicht aufhalten. Also verging auch jene Zeit.
Hoffnungslos irrlichterten wir so durch Raum und Zeit.
Heute herrscht Uneinigkeit darüber, wie lange die Zeit der Dunkeln Reise währte.
Optimistische Schätzungen gehen von Sechs bis acht Jahrhunderten, pessimistische Schätzungen von einigen Jahrtausenden aus.
Eine lange Ungewissheit. Eine Zeit der körperlichen und geistigen Enge, unfähig mehr als den klaustrophobischen Raum zu begreifen der sie umgab denn der Raum selbst war eng umschlossen von einer undurchlässigen Hülle.
Dies, was sie “Welt” nannten, war nicht mehr als eine Nekropolis der Menschheit.
Ob es eine Vorstellung des “Außen” gab, vermögen keine Aufzeichnungen berichten.
Ohne ein Anzeichen, ohne Vorwarnung wurden wir jäh aus dem Dämmerzustand gerissen. Ein Feuerball aus gleißendem Licht und dröhnenden Donner ließ Eden zwei erzittern.
Nicht wenige sprechen von der Geburt unserer Zivilisation.
Die gesicherte Geschichtsschreibung beginnt hier.
Die Stunde Null.
Königliche Magistratin Sensei Trudeth Bernai Sorel, einhunderdreiundachzig nach Landung